Die liebste Stimme
Sterne mit den goldnen Füßchen
Wandeln droben bang und sacht,
Daß sie nicht die Erde wecken,
Die da schläft im Schoß der Nacht.
Horchend stehn die grünen Wälder,
Jedes Blatt ein grünes Ohr,
Und der Berg, wie träumend streckt er
Seinen Schattenarm hervor.
Doch was rief dort? In mein Herze
Dringt der Töne Widerhall,
War es der Geliebten Stimme -
Oder nur die Nachtigall?
Heinrich Heine
Auf Flügeln des Gesanges
Auf Flügeln des Gesanges,
Herzliebchen, trag' ich dich fort,
Fort nach den Fluren des Ganges,
Dort weiß ich den schönsten Ort.
Dort liegt ein rotblühender Garten
Im stillen Mondenschein;
Die Lotosblumen erwarten
Ihr trautes Schwesterlein.
Die Veilchen kichern und kosen,
Und schau nach den Sternen empor;
Heimlich erzählen die Rosen
Sich duftende Märchen ins Ohr.
Es hüpfen herbei und lauschen
Die frommen, klugen Gazell'n;
Und in der Ferne rauschen
Des heiligen Stromes Well'n.
Dort wollen wir niedersinken
Unter dem Palmenbaum,
Und Lieb' und Ruhe trinken
Und träumen seligen Traum.
Heinrich Heine
Fischermädchen
Du schönes Fischermädchen,
Treibe den Kahn ans Land;
Komm zu mir und setze dich nieder,
Wir kosen Hand in Hand.
Leg an mein Herz dein Köpfchen,
Und fürchte dich nicht so sehr;
Vertraust du dich doch sorglos
Täglich dem wilden Meer!
Mein Herz gleicht ganz dem Meere,
Hat Sturm und Ebb' und Flut,
Und manche schöne Perle
In seiner Tiefe ruht.
Heinrich Heine |
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Laß uns fliehn, die rings Bewachten,
Vor des Lichtes frechem Schein!
Deiner Lippen süßes Schmachten
Ist für mich, nur mich allein.
Selbst der Sterne dreisten Strahlen
Hab' ich oft gegrollt bei Nacht,
Wie sie halb das Glück mir stahlen,
Das du ganz mir zugedacht.
In das Dickicht komm, wo Eiche
Sich mit Eiche dicht verschlingt,
Und des Lichtes letzte bleiche
Helle kaum durchs Laubwerk dringt.
In der Wasserstürze Brausen,
Die geschwellt der Wetterguß,
In der Wipfel dunklem Sausen -
Dort verhallte unser Kuß.
Friedrich von Schack
Der Sommerfaden
Da fliegt, als wir im Felde gehen,
Ein Sommerfaden übers Land,
Ein leicht und licht Gespinst der Feen,
Und knüpft von mir zu ihr ein Band.
Ich nehm' ihn für ein günstig Zeichen,
Ein Zeichen, wie die Lieb' es braucht.
O Hoffnungen der Hoffnungsreichen,
Aus Duft gewebt, von Luft zerhaucht!
Ludwig Uhland
Nachts
Dem stillen Hause blick' ich zu,
Gelehnt an einen Baum;
Dort liegt sie wohl in schöner Ruh'
Und glüht in süßem Traum.
Zum Himmel blick' ich dann empor,
Er hängt mit Wolken dicht.
Ach, hinter schwarzem Wolkenflor,
Da glänzt des Vollmonds Licht.
Ludwig Uhland |