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Josefine Freiin von Knorr *1827 †1908 1 - / Liebestexte


Wenn das Auge überfließt

Was sich birgt im Seelengrunde,
Als ein leiser Pulsschlag bebt
Und, erschrocken, vor dem Munde
Mit Geheimniß sich umwebt;

Was da schläft - denn, ach, auf Erden,
Wenn sich auch kein Lüftchen regt -
Wieder kann entfesselt werden
Jeder Sturm, der sich gelegt:

Alles, Herr sei Dir empfohlen,
Meine Worte nennen's nicht -
Ich vermag's nicht nachzuholen,
Denn mein armes Herz zerbricht.



Die Gaben

Aus dem Englischen des Robert Buchanan.

Diese Blumen, Liebeszeichen,
Trag' sie an der Brust -
Rothe, rothe Rosen,
Wie sie in den Gärten kosen,
Würzig von der Sommerluft -
Mit dem Wohlgeruch, dem weichen,
Diese Rosen, Liebeszeichen,
Trag' sie an der Brust!

Kalte Blumen, die nicht glühten,
Nimm sie in die Hand -
Lilien, die von Gluth nichts wissen
Und die schneeigen Narcissen;
Leih' den Arm als Stiel den Blüthen,
Halt sie in der Hand -
Kalte Blumen, die nicht glühten,
Lilienblätter, weiße Blüthen,
Nimm sie in die Hand!

Da sind Blumen, traumhaft schimmernd,
Trag' sie in dem Haar!
Blaue Veilchen und Penseen,
Die wie Mädchenwünsche wehen,
So wie blaue Augen schimmernd,
Für ein goldig Lockenhaar -
Da sind Blumen traumhaft schimmernd
Blau und glänzend, lieblich flimmernd -
Trag' sie in dem Haar!

Und hier Blumen, die zu Füßen
Dir Dein Trauter streut
Primeln, Orchideen, Glocken,
Thymian, Klee und bunte Flocken,
Die dem Wiesengrund entsprießen,
Die der würz'ge Boden beut;
Hier sind Blumen, Dich zu grüßen,
Die Dein Trauter Dir zu Füßen,
Wo Du hinschwebst, streut.

All die Liebeszeichen winken
Ihrer Herrin zu:
Weiße Lilien, rothe Rosen
Blaue Veilchen - laß sie kosen -
Wiesenblumen zahllos blinken -
Und darüber schreitest Du;
Wohlgerüche sollst Du trinken
Laß die Blumen, laß sie winken
Ihrer Herrin zu!
Unbewußte Dauer

Hast Du wirklich das vergessen,
Dessen Du Dich nicht besannst?
Willst im Herzen Du ermessen,
Ob Gefühlen Du entrannst?

Führt nicht plötzlich ein Erinnern
Das zurück, was einstens war?
Wird nicht wieder Deinem Innern
Ein Empfinden offenbar?

So daß sich die Bilder färben,
Bis Du ihrer ganz bewußt -
Und Gefühle, statt zu sterben,
Neu beherrschen Deine Brust.

Wärme ist es, die gebunden
In dem Eiskrystalle schweigt,
Bis sie stark in Frühlingsstunden,
Fessellösend, ihm entsteigt.



Nimm die Stunde wahr!

'S giebt einen Augenblick bei welken Dingen
Wo ein Erfrischen Dir noch kann gelingen.
Wenn sich im Blumenstrauß die Kelche senken,
Kannst Du zu guter Stunde sie noch tränken;
Das Veilchen und die Primel, todt geglaubt,
Sie heben wieder frisch und froh ihr Haupt.
Die Hand, sich Dir entziehend im Erkalten,
Läßt sich zurück, wenn Du sie fassest, halten.
Das Herz, das Dich erzürnt verlassen will,
Es hält, wenn Du es rufst, noch einmal still:
Du hast zur Wendung noch den Augenblick -
Doch der versäumt, erfüllt sich das Geschick.


















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