Frühlingsnacht
Über'n Garten durch die Lüfte
Hört' ich Wandervögel ziehn,
Das bedeutet Frühlingsdüfte,
Unten fängt's schon an zu blühn.
Jauchzen möchte' ich, möchte weinen,
Ist mir's doch, als könnt's nicht sein!
Alte Wunder wieder scheinen
Mit dem Mondesglanz herein.
Und der Mond, die Sterne sagen's,
Und in Träumen rauscht's der Hain,
Und die Nachtigallen schlagen's:
"Sie ist deine, sie ist dein!"
Joseph Freiherr von Eichendorff
Frühlingsnetz
Im hohen Gras der Knabe schlief,
Da hört' er's unten singen,
Es war, als ob die Liebste rief,
Das Herz wollt' ihm zerspringen.
Und über ihm ein Netze wirrt
Durch Blumen leises Schwanken,
Durch das die Seele schmachtend irrt
In lieblichen Gedanken.
So süße Zauberei ist los,
Und wunderbare Lieder
Geh'n durch der Erde Frühlingsschoß,
Die lassen ihn nicht wieder.
Joseph Freiherr von Eichendorff
Frühling hat mir Hoffnung gebracht,
Winter jagt sie von hinnen.
Aber wenn d e i n Auge lacht,
Muß der Frühling beginnen,
Muß mir in den grünen Zweigen
Freud' und Hoffnung wieder zeigen,
Muß mir mit der Vögel Singen
Freud' und Hoffnung wieder bringen.
Auge, lächle mir oft,
Daß mein Herz noch hofft,
Daß mein Herz sich freut,
Alle Tage sich freut,
Heut' und morgen wie heut.
Hoffmann von Fallersleben
Im Rosenbusch die Liebe schlief
Im Rosenbusch die Liebe schlief,
Der Frühling kam, der Frühling rief;
Die Liebe hört's, die Lieb' erwacht,
Schaut aus der Knosp' hervor und lacht,
Und denkt, zu zeitig möchte's halt sein,
Und schläft drum ruhig wieder ein.
Der Frühling aber läßt nicht nach,
Er küßt sie jeden Morgen wach,
Er kos't mit ihr früh bis spat,
Bis sie ihr Herz geöffnet hat,
Und seine heiße Sehnsucht stillt,
Und jeden Sonnenblick vergilt.
Hoffmann von Fallersleben |
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Könnt' ich mit dem Zauberstabe
Heut' erwecken die Natur,
So erweckt' ich aus dem Grabe
Einen Frühlingstag dir nur.
Alle Blätter sollten Zungen
Meines Lobgesanges sein,
Sollten dir die Huldigungen
Meines treuen Herzens weih'n.
Und in jeder Blum' und Blüte
Sollte sich das schöne Bild
Deiner Liebe, deiner Güte
Dann entfalten rein und mild.
Aber ach! nicht aus dem Grabe
Kann ich wecken die Natur
Und ich bringe, was ich habe:
Dieses Lied vom Frühling nur.
Hoffmann von Fallersleben
Liebesschimmer
Unter Regen, Kält' und Sturm
Wagt er sich ins dunkle Leben.
Laßt doch den Johanniswurm
Um die weiße Rose schweben!
Gönnt doch mir den kleinen Glanz,
Den die Liebe mir verliehen!
Laßt doch auch zum Reigentanz
Meine Frühlingsträume ziehen!
Hoffmann von Fallersleben
Storch und Schwalbe sind gekommen,
Veilchen auch, die blauen frommen
Frühlingsaugen, grüßen mich;
Aber hin an Lenz und Leben
Zieh' in Bangen ich und Beben -
Um dich.
Ach, um dich! Und doch, ich fühle:
Trete jetzt die Todeskühle
An mein Herz und riefe mich,
Wie ein Kind dann, unter Jammern
Würd' ich mich ans Leben klammern -
Um dich.
Theodor Fontane
Im April
Du feuchter Frühlingsabend,
Wie hab' ich dich so gern -
Der Himmel wolkenverhangen,
Nur hier und da ein Stern.
Wie leiser Liebesodem,
Hauchet so lau die Luft,
Es steigt aus allen Talen
Ein warmer Veilchenduft.
Ich möchte' ein Lied ersinnen,
Das diesem Abend gleich,
Und kann den Klang nicht finden,
So dunkel, mild und weich.
Emanuel Geibel |